Geschichten über Kalbe Milde
 

 


 

 

 
Busso 8.u 10. von Alvensleben

Busso 8. von Alvensleben

Er war von 1487 bis 1493 Bischof zu Havelberg. Geboren war er als 4. Sohn des Ludolf von Alvensleben.
Der junge Mann widmete sich den Wissenschaften und studierte mehrere Jahre in Italien Jura. Über sein Wirken in Havelberg ist nur wenig bekanntgeworden. Er starb in der Nacht vom 12. auf den 13. Oktober 1493 und wurde im Dom von Havelberg beigesetzt.

Busso 10. von Alvensleben = Bischof Busso II. von Havelberg (1468 -1548)

Auszug aus der Chronik der Fam. von Alvensleben

Porträt Busso des II.

Der letzte Kirchenfürst in Kurbrandenburg, der Verteidiger der römischen Kirche gegen das Luthertum, ist eine denkwürdige Gestalt.

Busso wurde 1468 als Sohn des kurfürstlichen Rats Gebhard XVI. v. Alvensleben und der Hippolyta v. Bülow, wahrscheinlich auf Burg Calbe geboren. Der Vater hat mit seinem Bruder, dem Obermarschall, bis 1477 dort den ältesten Pallas, dessen gotischer Westgiebel noch steht, gemeinsam und später mit den Seinen allein bewohnt. In diesem Teil des Schlosses ist Bischof Busso II. aufgewachsen, gegenüber dem Ludolfsbau, der Heimat des älteren Vetters Busso, der in Havelberg schon als Bischof regierte, als Busso II. sein Studium begann. Den alten Pallas, nach seinem Vater „Gebhardsbau“ benannt, hat Busso II. zeitlebens als Wohnsitz behalten.

Wie sein Vetter, Bischof Busso I., erhielt er eine wissenschaftliche Ausbildung zunächst an der Universität Leipzig (1488) und ab 1492 in Bologna, wo ab 1496 auch Nikolaus Kopernikus aus Thorn - eingetragen als „Dom. Nicolaus Kopperlingk de Thorn“ studierte. 1498 wurde Busso in Bologna zum „Procurator der deutschen Nation“, d.h. als Sprecher der deutschen Studenten gewählt"1" . 1504 promovierte er dort zum Doktor beider Rechte. 1508 erlangte er die Domherrenwürde zu Magdeburg. Erzbischof war damals Herzog Ernst von Sachsen. Der Dombau stand in seiner letzten Phase. In diesen Jahren begann Bussos diplomatische Tätigkeit, zunächst im Interesse, später im Dienste des künftigen Kardinals Albrecht von Brandenburg, die von glänzenden Erfolgen begleitet war und die besondere Gnade und Freundschaft des Kardinals und lebenslängliche Ehrungen von Seiten des Hohenzollern eintrug.

Kurfürst Joachim I. von Brandenburg schickte Busso zusammen mit seinem vertrauten Rat und späteren Hofkanzler in Mainz, Eitelwolf vom Stein, an den Hof von Trier, um zu Gunsten seines einzigen Bruders Albrecht, der eben zum Domherrn von Mainz und Trier ernannt worden war, wegen Übernahme des Bistums Utrecht zu verhandeln. 1510 führte ihn ein anderer Auftrag Kurbrandenburgs zusammen mit Albrecht v. der Schulenburg zur Äbtissin von Gandersheim, um die Belehnung des Kurfürsten mit der Herrschaft Derenburg bei Halberstadt zu empfangen.

Porträt Busso des II.
Am 3. August 1513 starb der Erzbischof von Magdeburg und Administrator des Hochstifts Halberstadt, Ernst von Sachsen. Sofort beauftragte Kurfürst Joachim I. den Domherrn Busso v. Alvensleben die Wahl des jungen Markgrafen Albrecht, der eben erst die Priesterweihe empfangen hatte, zum Nachfolger von Erzbischof Ernst in Magdeburg und Halberstadt vorzubereiten und schickte zugleich den Bischof von Brandenburg und seinen Hofmarschall, um die Verhandlungen mit allen Nachdruck zu führen. Es galt, die Mitbewerber Albrechts aus dem Felde zu schlagen, und zwar in Magdeburg einen Prinzen von Sachsen und den Herzog Ernst von Bayern, einen Neffen Kaiser Maximilians, der beim Domkapitel seinen Einfluss gegen das Haus Brandenburg geltend zu machen suchte, in Halberstadt dagegen gleich eine ganze Reihe, darunter wieder Sachsen, den Bayern, einen Braunschweiger und den Bischof von Hildesheim. Besonders der Magdeburger Stuhl war eine „wichtige Position, nach der man in Brandenburg schon zur Askanierzeit gestrebt hatte, ohne jedoch das mächtige benachbarte Erzstift in eine dauerhafte Verbindung mit der Kurmark bringen zu können“. Der Erfolg war, dass Albrecht von Brandenburg zum Erzbischof von Magdeburg und Administrator von Halberstadt gewählt wurde, der erste Schritt zu der späteren Eingliederung der Hochstifter in den Hohenzollernschen Machtbereich.

Busso wurde nun mit einer Gesandtschaft des Magdeburgischen Domkapitels nach Rom geschickt, um vom Papst Leo X. die Bestätigung der Wahl und das Pallium zu erbitten. Im Dezember 1513 nahm er als Vertreter Kurbrandenburgs an der römischen Kirchenversammlung im Lateran teil und zog am 12. März 1514 in Magdeburg wieder ein.

Inzwischen war der erzbischöfliche Stuhl in Mainz erledigt und neu zu besetzen. Wieder trat der Kaiser für seinen bayrischen Neffen ein, als dessen Rivale, der junge Erzbischof Albrecht von Magdeburg, hier von neuem auf dem Plan erschien. Seine Wahl musste der Kaiser schon deshalb missbilligen, weil zwei Brüder nicht gleichzeitig in das Kurkollegium gehören, doch der ehrgeizige Joachim I., der 1519 selbst nach der Kaiserkrone strebte, legte sich diesmal in der Aussicht auf eine so großartige Erweiterung der Brandenburgischen Hausmacht mit noch größerem Nachdruck ins Zeug, wobei die Sorge der Mainzer um das von Kursachsen bedrohte Erfurt zu seinen Gunsten sprach. So wurde Albrecht einstimmig zum Erzbischof von Mainz gewählt und durch Hadrian VI., den letzten deutschen Papst, bestätigt.

Schon im Mai 1514 war Busso v. Alvensleben wieder auf dem Wege nach Rom, diesmal mit dem sehr viel schwierigeren Auftrag, die Zustimmung zur Verbindung zweier so wichtiger kirchlicher Ämter in einer Hand vom Papst Leo X. zu erlangen, denn der Stuhl von Magdeburg bedeutete das Primat im Fürstenrat, der von Mainz die Leitung des Kurfürstenkollegiums und das Erzkanzleramt des Reiches. Albrecht war also im Begriff einer der mächtigsten Prälaten zu werden, die es in Deutschland je gegeben hat. Es bedurfte langwieriger Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl, an der auch Dr. Johannes Blankenfelde, der kurfürstliche Gesandte bei der Kurie, ferner Eitel Wolf von Stein und als Vertreter von Mainz Graf Thomas v. Rieneck teilnahm. Den Ausschlag gab die Hilfe des Kardinals Medici, später Papstes Clemens VII., den die Gesandten für die Hohenzollern gewonnen hatten, nicht zu letzt die Höhe der angebotenen Palliengelder und Konfirmationstaxen, die man sich vom Hause Fugger vorstrecken ließ. Die Konfirmationsgebühren nach Rom und für das Pallium betrugen jeweils 14.000 Dukaten.

Dafür musste nun wieder mit Hilfe des Papstes in den Erzbistümern Mainz und Magdeburg ein Ablass verkündet werden, derselbe, mit dem der Mönch Tetzel in den nächsten Jahren herumzog, und der Luthers Thesen letztlich heraufbeschwor. In ihrer vollen Zersetzungsgewalt zeigten sich Auswüchse des Ablasses, der Anlass zu Luthers erstem öffentlich-reformatorischen Auftreten wurde.

Der Vorgang war eine unerhörte und vom kanonischen Recht streng verbotene Kumulierung. Jedoch Leo X. war wenig von kirchenrechtlichen Bedenken gehemmt, wenn es um politische und finanzielle Vorteile ging. Unter seiner maßgeblichen Beteiligung wurde den Gesandten des Brandenburgers (unter Führung Bussos v. Alvensleben) die Bestätigung der Mainzer Wünsche gegen weitere Zahlung von 10.000 Dukaten angeboten. Die Kurie machte den Gesandten diesen Vorschlag annehmbar und zeigte einen Weg, wie Albrecht die zu zahlenden Summen ganz oder teilweise wieder hereinbringen könne: man würde den Vertrieb des Peters-Ablasses (für den Bau von St. Peter, Rom) für seinen Sprengel und die brandenburgischen Länder übertragen, dergestalt, dass nach Abzug der Kosten die eingekommenen Ablassgelder zur Hälfte St. Peter, zur anderen Hälfte dem Erzbischof zukommen sollten. Die Abmachung wurde perfekt. Die Fugger streckten 29.000 rheinische Gulden vor und wurden an den eingehenden Ablassgeldern mitbeteiligt. Dass aus diesem schmählichen Handel der reformatorische Sturm losbrach, ist in höchstem Sinne symbolhaft und Ausdruck historischer Vergeltung. Tetzel betonte um des Geldes willen (ab Anfang 1517) die Erleichterung des Heilsgeschäfts in gefährlicher Weise. („So bald das Geld im Kasten klingelt, die Seele in den Himmel springt“.) Als er in Jüterbog predigte, erhielt er Zulauf aus dem nahen kursächsischen Wittenberg. Durch seine Beichtkinder wurde Luther mit der Sache befasst. Am 31. Oktober schlug er die 95 Thesen in lateinischer Sprache an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg.

1518 wurde Albrecht von Brandenburg Kardinal. Er strebte schließlich, unterstützt durch Kardinal Medici, mit dem er für die Häuser Medici und Hohenzollern eine Art Rückversicherungsvertrag zu gegenseitiger Förderung geschlossen hatte, danach, zum päpstlichen Legat für Deutschland auf Lebenszeit ernannt zu werden, was ihn zum Oberhaupt der römischen Kirche im Reich gemacht hätte. Busso v. Alvensleben hatte die Beziehung der Kardinäle vermittelt. Dieser Plan Albrechts schlug fehl und sein weiteres Leben bis zu seinem Tode 1545 bedeutete eine Kapitulation vor dem Luthertum nach der anderen, ein ständiges Absinken dieser Lebenskurve die strahlend aufgestiegen war.

In der Absicht, Bussos diplomatische Verdienste um die Ausbreitung der kirchlichen Macht seines Bruders und des brandenburgischen Einflusses im Reich zu belohnen, verlieh ihm der Kurfürst Joachim I. 1514–1515 drei bedeutende kirchliche Ämter, und zwar die Propstei der Marienkirche zu Salzwedel, die Dompropstei zu Brandenburg und die Propstei des Domstifts St. Nicolai zu Stendal. Diese Stellen, die er später als Bischof wieder resignierte, ließ Busso durch Vikare verwalten und behielt seinen Wohnsitz in Magdeburg. Dort führte er in Abwesenheit des Kardinals Albrecht, der in Halle und Aschaffenburg residierte, den Vorsitz im Hofratskollegium, der obersten Behörde der erzbischöflichen Landesregierung. In diesen Jahren, 1520, wurde der Dombau zu Magdeburg mit der Bekrönung der Westtürme vollendet.

Albrecht von Brandenburg überhäufte seinen Statthalter, dem er so viel verdankte, und dessen Geschlecht mit Gnadenbeweisen. Kurfürst Joachim I. berief den Domherrn v. Alvensleben 1522 als Koadjutor des Bischofs Hieronymus nach Havelberg, kurze Zeit bevor dieser starb. Am 10. November 1522 wurde Busso zum Bischof geweiht und am 24. März 1523 in Havelberg feierlich eingeführt.
Der Dom zu Havelberg
25 Jahre lang verwaltete Busso das Bistum und führte auf seinen Residenzen Wittstock, Plattenburg, Wilsnack und dem Jagdschloss Zechlin – er war leidenschaftlicher Jäger - eine fürstliche Hofhaltung. Feste Schlösser und imponierende Kirchen mit Kunstschätzen gefüllt, ein großer äußerer Rahmen, waren aus der Blütezeit des Bistums vorhanden, dessen Sprengel sich von der Elbe bis zur Odermündung erstreckte und die Prignitz, Teile der Altmark, Pommern und Mecklenburgs umfasste.

Als Domherr und später als Statthalter Kardinal Albrechts zu Magdeburg, hatte Busso 1514–1523 am Hofleben zu Halle teilgenommen. Trotz seiner offenkundigen Schwächen blieb Albrecht von Brandenburg eine der glänzendsten Fürstengestalten der deutschen Renaissance, als Förderer der Kunst und Wissenschaften. Albrecht Dürer und Matthias Grünwald, Lucas Cranach und Hans Baldung zog er in seinen Dienst. Auch Bischof Busso sammelte für Havelberg Silberschätze, Kleinodien und „Heiltümer“, Reliquien, wie sie sich in den berühmten Hallischen Schatzkammern des Kardinals befanden. Durch seine diplomatischen Aufträge war Busso mit der Elite an Geist und Geburt im Reich und in Italien in Verbindung getreten, er kannte die Welt der Medici, das Rom Leos X. Beide, Bischof und Kardinal, lebten in der Vorstellungswelt des Humanismus, den Glaubensinhalten des Mittelalters mehr aus Prinzip als aus innerem Zwang und als Geistliche verweltlicht. Aber sind solche Schlüsse berechtigt? War Bischof Busso, dieser gewandte Diplomat, Epikuräer wie Kardinal Albrecht? Uns erscheint er als Tatmensch von klarem, energischem Wollen. Die protestantische Geschichtsschreibung misst indes beide mit Maßstäben, die ihrer unwürdig sind. Die Beschimpfungen des Reformationskampfes gelten nicht ihrer Person, sondern der geistigen Macht, die sie repräsentierten, und die nicht die römische Kirche allein, sondern der Humanismus war.

Kurfürst Joachim I. war der Reformation nicht allein aus politischen Gründen schroff entgegengetreten. Erst nach dessen Tod 1535 wagten es die Bekenner der neuen Lehre, ihre Forderungen lauter zu erheben. Joachim II. versuchte es zunächst mit einer Vermittlung zwischen beiden Regierungsparteien. Vor dem Hochaltar des Havelberger Doms hatte der Bischof Busso den Schutz der römischen Kirche feierlich zugesagt. Ihm schwebte ein Vergleich vor, der den Protestanten Laienkelch und Priesterehe zugestand, ohne den Ritus und die Institution der katholischen Kirche aufzuheben.

Unter dieser Voraussetzung vollzog Kurfürst Joachim II. 1539 seinen Übertritt zur Lutherischen Lehre, wobei Bussos Schwestersohn, Matthias v. Jagow, Bischof von Brandenburg, der dem evangelischen Bekenntnis längst zugetan war, als Priester fungierte. Doch glaubte der Kurfürst damit noch keineswegs, einen wirklichen Glaubenswechsel vorgenommen zu haben, sondern nur auf Grund solch „Christlicher Reformation“, wie er es nannte, eine Art Mittlerstellung einzunehmen, um Unruhen zu verhüten. Die Brandenburgische Kirchenordnung von 1540, gegen die Bischof Busso sich heftigst wehrte, wurde von Luther wie von Kaiser Karl V. gebilligt, denn sie übernahm tatsächlich die Kernstücke der neuen Lehre und behielt die Gebräuche der alten bei, die sich im ehemaligen Bistum Havelberg noch bis ins 18. Jahrhundert hinein teilweise erhielten. Auch hier war wie in vielen anderen Fällen die Einführung der Reformation mit Geldfragen verquickt. Der Kurfürst erhielt als Gegenleistung von den Landständen die Bewilligung von Steuern zur Tilgung seiner Schulden.

Bischof Busso jedenfalls war nicht gesonnen, auch nur einen Fußbreit Boden preiszugeben. 1545 trat er mit Kaiser Karl V. in Verhandlungen, um sich seines Schutzes zu versichern. Seine Stärke beruhte auf einer vollkommenen finanziellen Unabhängigkeit. Er war ein vorzüglicher Wirt und hinterließ bei seinem Tod nicht allein seinen großen Lehnsbesitz, sondern auch die Liegenschaften des Hochstifts in bester Verfassung. Endlich besaß Bischof Busso in seinem Einfluss auf die ihm so viel verpflichteten Hohenzollern ein Machtmittel, das er geschickt zu handhaben wusste, und das sich bis an sein Ende wirksam erwies.

Einen so gewaltigen Druck übte dieser „propugnator acerrimus Romanae Ecclesiae“, wie ihn der Chronist Leuthinger nennt, auf den Klerus des Hochstifts aus, dass nicht einmal der Übertritt des kurfürstlichen Hauses 1539 die Lutherische Lehre durchzusetzen vermochte. Das Ableben des greisen Bischofs musste abgewartet werden, dann erst schwand der letzte Widerstand. Bussos Tod 1548 bedeutete für das brandenburgische Kernland das Ende des kirchlichen Mittelalters.

Dennoch musste seit 1540 auf Grund der neuen Kirchenordnung in vielen Gotteshäusern des Bistums, ja in der Stadt Havelberg selbst, „das Wort Gottes nach dem Evangelio lauter und rein gepredigt werden“, während man beispielsweise in Wilsnack bis zu des Bischofs Tode die Wunderblutsprozessionen fortsetzte.

Bischof Busso vermochte nicht zu verhindern, dass die Reformation auch in seinem Bistum Fortschritte machte. Durch die lutherische Kirchenordnung Kurfürst Joachims II. von 1540 verlor er die Einsetzung der Geistlichen wie die synodale Gerichtsbarkeit. Busso hat öffentlich protestiert, doch der Kurfürst brach seine feierliche Zusage bald nach dessen Tode.

„Mit ihm endete die lange Reihe Havelberger Bischöfe, die in ihrer Mehrzahl persönlich durch hervorragende Bildung glänzten und sich für das gesamte märkische Kulturleben hohe Verdienste erworben haben, nicht zuletzt durch ihre kirchliche Verantwortung. Busso erließ 1528 die letzte zu katholischen Zeit“.

Seine besondere Fürsorge ließ Bischof Busso den Klöstern angedeihen, die, solange er sie zu schirmen vermochte, Zufluchtsstätten des alten Glaubens blieben. So weigerte sich die Äbtissin des Klosters Heiligengrabe, nahe bei Wittstock, Anna v. Quitzow, dem „abtrünnig gewordenen“ Kurfürsten Joachim II. die Landessteuer zu zahlen. Die dortige Priorin, Elisabeth v. Alvensleben, suchte mit den bedrängten Nonnen bei ihrem Onkel, Bischof Busso, der zugleich Protektor des Klosters war, auf der Burg Wittstock Zuflucht. Der Konvent musste jedoch nach dem Tod des Bischofs zurückkehren, sich unterwerfen, und Heiligengrabe ist seitdem weltliches Damenstift.

Mit seiner Familie blieb Bischof Busso in enger Fühlung. Obwohl er als geweihter Priester nach kanonischem Recht weltliche Lehen nicht besitzen durfte, ließen ihm Kurfürst und Kardinal nicht allein seine ererbten Güter, sie vermehrten diese obendrein durch Neubelehnung und Pfandschaften, und sicherten den Alvenslebenschen Gesamtbesitz auf des Bischofs Betreiben durch Belehnung zur gesamten Hand. Besonders Kardinal Albrecht, der sich an seinem Hof mit vielen Alvensleben umgab, überhäufte das Geschlecht, das ihm so reichlich seine Talente und seine Kapitalien lieh, mit immer neuen Gunstbeweisen.

Nach des Vaters Tode besaß Bischof Busso mit seinen Brüdern ein Drittel der Herrschaft Calbe mit Berge, Groß Engersen und die Hälfte von Hundisburg. Dazu verlieh ihm Kardinal Albrecht später einträgliche Liegenschaften in der Magdeburger Börde, in der die Alvensleben damals allenthalben ihren Einfluss auszubreiten suchten, und zwar in Eilsleben, Sohlen, Beiendorf, Domersleben, Dahlenwarsleben und Pfandbesitz von Schloss und Herrschaft Ummendorf.

Niemals hatte jedoch der Bischof kirchliche Mittel für seine Hauspolitik in Anspruch genommen. Bei keinem Rechtsgeschäft, keinem Vertrag, keiner wichtigen Zusammenkunft der Alvensleben zu Calbe fehlte Bischof Busso. Als Lehnsträger und Geistlicher in einer Person, schuf er die Gottesdienstordnung für Calbe von 1507, die wir bereits kennen.

Nach dem Tod des Bischofs wurde sein Lehnsbesitz geteilt. Zwei natürliche Söhne, Levin und Joachim, die Busso sorgfältig erziehen ließ, erhielten den Namen v. Halvensleben und wurden mit Teilen von Calbe und Hundisburg abgefunden, die sie von den Alvensleben zu Lehen empfingen. Joachim studierte 1534 in Leipzig, Levin lebte damals in Rom. Ihre männlichen Nachkommen starben im 17. Jahrhundert aus. Wohlbrück verzeichnete (II, S. 247–250 ) das Wenige, das man von ihren Schicksalen weiß. Es gibt noch Nachfahren des Bischofs in weiblicher Linie.

Niemand wusste den Wert universaler wissenschaftlicher Ausbildung höher zu schätzen als der weltkundige Bischof. Elementarer Bildungshunger beseelte die führende Schicht jenes Zeitalters. Busso hatte seinen begabten Neffen, Joachim I. von Alvensleben, den man später seines Wissens halber als „miraculum Saxoniae“ pries, zu seinem Nachfolger ausersehen. Der Bischof bestimmte den späteren kursächsischen Rat und Syndikus der Universität Leipzig, Johann Stramburger, zu Joachims Hofmeister, ließ den Neffen in Wittenberg und Padua studieren und schickte ihn an den Hof Kardinal Albrechts. Später wurde Joachim ein Vorkämpfer des Luthertums. Neben der Domschule gab es in Havelberg bis 1548 eine zweite Lateinschule bei der Stadtpfarrkirche St. Laurentius.

Zwei andere Neffen ließ Bischof Busso durch den Gelehrten Matthäus Ludekus (Lüdeke) erziehen, der als Domdechant von Havelberg 1561 an der Spitze des Domkapitels zum Luthertum übertrat, eine Abhandlung über das Wunderblut verfasste und den Havelberger Dom von „papistischen Bildwerken“ und Fresken säubern ließ. Manch einer unter den Verwandten verdankte dem Bischof die Richtung seiner Erziehung und Bildung. Auch in der Gründung der Alvenslebenschen Lehnsbibliothek, die im 16. Jahrhundert auf dem Schloss Erxleben gesammelt wurde, lässt sich Bischof Bussos Einfluss spüren. Seine eigenen Bücherschätze sind zusammen mit der Havelberger Dombibliothek und den Archiven des Hochstifts in landesherrlichen Besitz gelangt.

Kurz vor seinem Ende übereignete Bischof Busso seinem Kanzler Plumperdump ein Haus auf der Wittstocker Burgfreiheit und bestimmte den Domherren Peter Conradi zum Testamentar. Viermal im Jahr sollte seine Memorie feierlich gehalten werden, jeden Mittwoch seien die Tenebrae zu singen und jeden Sonnabend das Salve Regina mit anschließendem Gebet für die Seelen aller gläubigen Verstorbenen.

Busso starb, 80 Jahre alt, am 4. Mai 1548 auf der Burg Wittstock, und wurde in der Marienkirche vor dem Hochaltar beigesetzt. Mitra und Bischofsmantel wurden vom Domkapitel in Verwahrung genommen und noch im 18. Jahrhundert gezeigt. 1751 schrieb der Chronist Bekmann über Bussos Grabstätte zu Wittstock: “In der Haupt- und Pfarrkirche zu St. Marien sieht man an dem Taufstein vor dem Altar im Hohen Chor ein steinernes Kreuze liegen, wo von den Vorfahren Bericht ist, dass solches des Bischofs Busso v. Alvensleben Begräbnus anzeigen soll, woselbst auch besage Steinii Chronicon sein Leichstein soll zu sehen sein, wo von keine zuverlässige Gewissheit vorhanden“.

Dieser Grabstein hat sich nicht wieder auffinden lassen, doch ist es wahrscheinlich, dass Bischof Bussos Portrait in Seidels „Märkischer Bildersammlung“ dem heute verschwundenen Grabstein nachgebildet ist, denn man weiß, dass Seidel manches seiner Bildnisse auf diese Art hat entstehen lassen. Busso ist dargestellt in bischöflichem Ornat mit Hirtenstab, Wappen und der Inschrift: „Busso Die Gratia Episcopus Havelbergensis J.V.D. Secundus Ex Familia Nobilium Marchicorum De Alvenschleven“.

Nach dem Tode des letzten Bischofs nahm die kurfürstliche Regierung auf den Klerus keine Rücksicht mehr. Vergebens suchte Peter Conradi, der Dechant des Domkapitels, die Politik Bischof Bussos weiterzuführen. Es gelang auch einige Jahre, einen seltsamen Übergangszustand aufrecht zu halten. So diente beispielsweise die Wilsnacker Kirche beiden Konfessionen. Abwechselnd mit dem lutherischen Predigtgottesdienst wurden Wunderblut den Gläubigen durch die alten Priester noch zur Verehrung dargestellt, bis der protestantische Redner sich ein Herz fasste und die geweihten Hostien 1552 kurzerhand verbrannte, wofür ihn der Kurfürst jedoch des Landes verwies. Messgewänder und Litaneien behielt man bei, doch Altäre, Kapellen und Hospitäler gingen ein, und der bischöfliche Besitz wurde vom Haus Brandenburg übernommen.

Die Hohenzollern traten eine reiche Erbschaft an. Kurfürst Joachim II. bestimmte seinen Enkel Joachim Friedrich zum Nachfolger Bussos v. Alvensleben und ließ ihn sogar noch durch die römische Kurie bestätigen. Joachim Friedrichs Vater, der spätere Kurfürst Johann Georg, wurde mit der Verwaltung der bischöflichen Güter beauftragt. Bischof Bussos Silbersachen und Kleinodien gelangten an den Berliner Hof.

Unter den Residenzen des Bischofs ist die Plattenburg in der Prignitz am besten erhalten. Von der Wittstocker Burg stehen noch der Hauptturm und die Umfassungen. Der Bischofshof zu Havelberg wie das Jagdschloss Zechlin sind verschwunden, und das „Prälatenhaus“ in Wittstock ist vollständig umgebaut.

Aus Bussos einstigen Besitzungen stammt noch manches Bauwerk aus jenen Tagen. Die Ruine der Burg Calbe a. d. Milde spiegelt sich in den breiten Wallgräben. In der Hundisburg steht der alte Bergfried, der in den barocken Neubau des Schlosses vom Ende des 17. Jahrhunderts einbezogen wurde, und in Ummendorf – wenn auch verstümmelt – die ganze ursprüngliche Burg.

Auch alle Dome und Kirchen, zu denen Busso in unmittelbarer Beziehung stand, sind auf unsere Tage gekommen, in Magdeburg, Brandenburg, Stendal, Salzwedel, Havelberg, Wittstock und Wilsnack.

An einem Schlusstein im gotischen Gewölbe der Klosterkirche zu Groß Ammensleben bei Magdeburg, die Bischof Busso II. besonders gefördert hatte, finden wir zu seinem Andenken das Alvenslebensche Wappen und die Inschrift: „doctor busso de aluesleue eps. havelbergiensis“

Grabplatte im Hav. dom idealisierte  Grabplatte im Hav. dom
Grabplatte im Hav. Domidealisierte Grabplatte

Der Abschnitt Busso der X. oder auch der II. mit freundlicher Genehmigung, entnommen der Chronik "Die Alvensleben in Kalbe - 1324-1945" von Dr. Udo v. Alvensleben-Wittenmoor verfasst 1920-1960 bearbeitet von Prof. Dr. Reimar v. Alvensleben

"1"
G. Toepke: Von der Universität Bologna. Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde. 13. Jahrgang 1880, S. 488-491.

 
 
 
 
 
   
  
 

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