Geschichten über Kalbe Milde
 
 


 
Irritationen über das Nonnenkloster zum heiligen Laurentius in Kalbe (Milde)

1983 konnte Kalbe (Milde) seine 1.000 Jahrfeier begehen, wer dabei war wird sich noch gern an dieses Fest erinnern. Wir hatten tolles Wetter und viele Kalbenser haben sich in den Umzug und die Feierlichkeiten mit großem Engagement eingebracht.

Möglich geworden ist dies, indem in den Jahren 1012 - 1018 Bischof Thietmar von Merseburg in seiner Chronik über die Zerstörung unseres Nonnenklosters berichtete. Bei dem großen Slavenaufstand 983 wurde das Kloster zerstört.

Viele Jahre haben sich die verschiedensten Historiker immer wieder mit diesem Thema bzw. mit der Auslegung dieser Chronik auseinandergesetzt. Mal schlug das Pendel für Calbe Saale mal für Calbe Milde aus. Ein ständiges hin und her.

Dem bekannten Historiker Robert Holtzmann ist es zu verdanken, dass wir seit dem Jahre 1930 eine Schrift zur Verfügung haben, die vieles aufklärt. Veröffentlicht wurde sie im „Jahrbuch der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt“., Dort spricht er sich eindeutig für den Standort Calbe (Milde) aus. Daneben weisen Flurbezeichnungen wie Nonnenwerder und Lorenzkirchhof auf den Standort unseres Klosters hin. In den 50-iger Jahren des vorigen Jh. hat die damalige Kreisbodendenkmalpflegerin Christa Maria Herper vor Ort auch einige Grabungen durchgeführt die versuchen dies zu bestätigen.

Seit einiger Zeit kommt nun Bewegung in die Diskussion. Im Oktober 2015 stellte Herr Michael Belitz seine Arbeit „Die Altmark als Grenzregion der Bistümer Halberstadt und Verden“ anlässlich der Herbsttagung des Altmärkischen Geschichtsvereins vor. Diese Arbeit ist auch auf dieser Homepage unter www.kalbe-milde.de/vgs/gr.php zu finden.
Bei der Vorstellung seiner Arbeit wies er auch auf einen Aufsatz von Christian Warnke „Der königsferne Norden Sachsen-Anhalts in ottonischer Zeit“, veröffentlicht in „Mittelalterliche Königspfalzen auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt“ , Magdeburg 2014, von S. Freund und R. Kuhn, hin. Darin beschäftigt sich Herr Warnke mit den Beziehungen des am dichtesten besiedelten Gebietes zwischen Magdeburg, Quedlinburg und Goslar (dem Kerngebiet der ottonischen Zeit) und dem Gebiet der heutigen Altmark. So versucht er zu beweisen, dass viele Zuordnungen zum Bsp. eine Reichsburg in Walsleben bei Stendal oder auch das Nonnenkloster in Kalbe(Milde) nicht der Realität entsprechen. Seine These - zu viele der Besitzungen des Nonnenklosters in Kalbe befinden sich nicht auf dem Gebiet der heutigen Altmark sondern in der Magdeburger Börde bzw. noch südlicher davon. Er schreibt: „Der genauen Lage des Klosters in Calvo sei hier nicht weiter nachgegangen, es genügt gezeigt zu haben, dass Kalbe/Milde auf keinen Fall als Ort des in den Quellen genannten Calua/Calvo in Betracht kommt.“(Dies ist lediglich eine Vermutung, keinesfall ein Beweis)". Im Ergebnis heißt es dann: „Weiterhin müssen die für die Altmark in Anspruch genommenen adligen Klostergründungen in Kalbe/Milde und Arneburg andernorts gesucht werden bzw. basieren auf einer Fälschung.“

Diese Thesen sind neu und überzeugen mich nicht. Sie fordern geradezu heraus, sich mit dieser Zeit erneut zu beschäftigen.

Anfang November 2015 erreichte mich eine Einladung zu einem Workshop des oben bereits erwähnten Pfalzen Arbeitskreises vom 21.11. – 22.11.2015 in Stendal. Ich konnte dankenswerter Weise diese Tagung in Stendal besuchen. Ich war begeistert, es war eine sehr informative Tagung. Thema war wiederum „Die Altmark der königsferne Norden“.

In unterschiedlichen Vorträgen wurden die verschiedensten Bezüge des Hauptsiedlungsgebietes bzw. der damals handelnden Personen mit einzelnen Orten in der heutigen Altmark herausgearbeitet. Deutlich wurde, dass die heutige Altmark zu dieser Zeit sehr dünn besiedelt war, die damalige Reichsgrenze nicht mit der Elbe identisch ist. Die Elbe wahrscheinlich zu dieser Zeit auch einen anderen Verlauf (Flussbett) als heute hatte. Vielmehr muss die heutige Altmark als Grenzregion, als Korridor zwischen den sächsischen und slawischen Gebieten verstanden werden. Es ist anzunehmen, dass in den einzelnen Siedlungen sowohl Slawen als auch Sachsen nebeneinander wohnten.

Die archäologischen Funde ergeben leider auch kein klares Bild. Wie Frau Dr. Leineweber betonte ist aber die Niederung des Milde/Biese/Aland Flusses schon immer eine Grenze zwischen den verschiedenen Siedlungsgebieten und Stämmen gewesen. Das hängt mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem schwer zugänglichen Gebiet zusammen. Es existieren kaum Unterlagen, die auf das Gebiet der heutigen Altmark hinweisen. Allein eine Urkunde in Quedlinburg ausgestellt, weist auf die Schenkung von 6 slawischen Dörfern in der Altmark hin. Nachdem ich die Erkenntnisse der Tagung auf mich wirken lassen habe, komme ich zu dem Ergebnis, dass gerade die Beschäftigung mit dem Hauptsiedlungsgebiet es als logisch erscheinen lässt, dass die Besitzungen des Klosters in Kalbe (Milde) sich nicht in dem dünn besiedelten (unzivilisierten) Norden befanden, sondern im Süden im Hauptsiedlungsgebiet der damaligen Zeit. Das Kloster wurde ganz bewusst im Norden errichtet als Bollwerk in den Grenzlanden. Ich denke dass auch der Ort Calbe unter strategischen Gesichtspunkten an der Grenze zwischen den beiden Bistümern Verden und Halberstadt errichtet wurde. Dieser strategische Gesichtspunkt führte dann auch dazu, dass unser Kloster wie Thietmar von Merseburg schrieb, 983 beim großen Slawenaufstand zerstört wurde. Damit ist, zu mindest aus meiner Sicht, die obige These nicht bewiesen, im Gegenteil sie bestärkt die bisherige Auffassung. Ein neu errichtetes Kloster musste zwangsläufig Besitztümer aus dem alten Siedlungsgebiet im Süden mitbringen.
Ich bin gespannt, was die weitere Forschung ergibt. Warten wir es ab!

Henning Krüger

 
 
 
 
 
   
  
 

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