Geschichten über Kalbe Milde
 

 



 
Neunte Generation: Dreißigjähriger Krieg 1618–1648

Ludolfscher Ast
Sohn Gebhards XXII.: Kuno (W.135)
Söhne Ludolfs XIV.: Gebhard XXIV. (W.138) , Heinrich Julius (W.139)
Joachimscher Ast
Söhne Ludolfs XIII.: Joachim Werner I. (W.140), Levin Ludolf I. (W.141), Busse VIII. (W.142) Sohn Hans Clamors: Elias II. (W.126)

Bei Ausbruch des großen Krieges herrschten in Calbe komplizierte Besitzverhältnisse. Dem alten Ludolf XIV. auf Hundisburg folgten 1623 seine Söhne Gebhard und Heinrich Julius, die ihren Gesamtbesitz bis 1634 gemeinsam verwalteten. Auf Gebhard XXII. auf Neugattersleben hatte 1609 sein Sohn Kuno, der Magdeburgische Domherr, der 1638 starb, in Calbe die Nachfolge angetreten. Dessen Anteil verkauften seine Erben Gebhard XXV. und Christian Ernst, beide auf Neugattersleben, an Heinrich Julius auf Hundisburg. Von dessen Tode 1645 ab vereinigte Gebhard XXIV. den gesamten Anteil des Ludolfschen Astes an Calbe in seiner Hand, während sein Versuch, den Asseburgschen Pfandanteil, nämlich das „Asseburgsche Vorwerk“ in Calbe, dazu Berge, Schenkenhorst und Vienau einzulösen, misslang. Dagegen löste Heinrich Julius den durch Kuno an Rudolf v. Bünau verpfändeten Anteil wieder ein. Den Anspruch auf den Asseburgschen Pfand erbten nach dem Tode von Elias II. 1654 Gebhard XXIV., Busse VIII. auf Zichtau und Ludolf XVI. auf Erxleben. Den Anteil des Joachimschen Astes besaß Joachim Werner I. von 1613 ab zusammen mit seinen Brüdern Levin Ludolf I. und Busse XIII., von 1625 bis 1639 mit Busse, der bis 1654 lebte, gemeinsam. Hauptbesitzer zur Zeit des Großen Krieges waren also Gebhard XXIV. (1623–1667), Heinrich Julius (1622–1645), Joachim Werner I. (1613–1639), dem 1639–1675 sein Sohn Ludolf Burchard I. folgte, und der Domherr Kuno (1609–1638).

Bevor wir den Schicksalen von Burg und Herrschaft nachspüren, sei bei denen der Burgherren verweilt.

Gebhard XXIV. (1591–1667), geboren auf Burg Langenstein, studierte in Helmstedt und Straßburg. Mit seinem gleichaltrigen Vetter Joachim Werner I. trat er 1613 von Calbe aus eine Reise an, „auf welcher er die vornehmsten Städte von Frankreich, England, Ober- und Niederdeutschland besuchte, und von der er 1615 in seine Heimat zurück kam“. Die Brüder Gebhard und Heinrich Julius, seit 1623 Herren in Calbe, folgten beim Einmarsch dänischer Truppen 1625 ihren Eltern nach Braunschweig und kehrten von dort erst 1634, also lange nach Schleifung der Burg Calbe, auf ihre Güter zurück. Damals erst teilten sie das Vatererbe. Hundisburg, das Heinrich Julius erhielt, fiel nach dessen Tode 1645 an Gebhard XXIV. zurück, der auch Groß Engersen besaß. Von den Reisen zurückgekehrt, fanden sie Calbe den „alten Wohnsitz der Väter in Trümmern“.

Ein Jahr zuvor, 1633, hatte sich Gebhard mit Bertha Sophia v. Saldern a. d. H. Plattenburg vermählt. „Da Gebhard die zerstörte Burg nicht beziehen konnte, richtete er sich eine Wohnung auf seinem Calbeschen Vorwerk ein, und aus dieser ließ er sich auch durch die von neuem einbrechenden Gefahren des Krieges nicht mehr vertreiben“. Am 10. November 1642 berief er zu Calvörde als Senior einen Gechlechtstag ein, um versäumte Lehnssachen zu regeln. Während Heinrich Julius 1643 von den Vettern zu Neugattersleben ein Vorwerk zu Calbe mit Zubehör erwarb, kaufte Gebhard XXIV. 1651 von ihnen die andere Hälfte ihres Anteils an der Herrschaft mit dem Klosterhofe zu Badingen. Jeder wurde 1654 schließlich auch Mitbesitzer des damals vollkommen verwüsteten Rogätz und 1677 von Hundisburg.

Heinrich Julius (1594–1645), der jüngste der Brüder, auch zu Langenstein geboren, trug seinen Vornamen zu Ehren des Fürstbischofs von Halberstadt, Heinrich Julius, Herzog zu Braunschweig–Lüneburg, der seinem Elternhaus nahe gestanden, und der in und um Halberstadt prächtige Renaissancebauten errichtet hatte. Er widmete sich den Wissenschaften und machte nach Beendigung seiner akademischen Studien eine Reise nach Italien. Auch in Padua muss er studiert haben, denn der Verfasser sah dort 1924 in der Aula der Universität Namen und Wappen des Heinrich Julius.
Wappen und Inschrift des Heinrich Julius v. Alvens-
leben in der Aula der Universität in Padua
„Als er zurückgekommen, hielt er sich bei seinen Eltern zu Braunschweig auf. Hundisburg, das 1634 ihm allein zugefallen war, wurde kurz darauf so verwüstet, dass er in Neugattersleben Wohnung nahm. Nach Erwerb des Vorwerks in Calbe 1643 hielt er sich dort bisweilen auf“.

Heinrich Julius gehörte dem engeren Ausschuss der Magdeburgischen Landschaft an. „Er war ein verständiger und religiöser Mann, hatte aber einen unglücklichen Hang zur Schwermut“ und starb 1645 unvermählt zu Haldensleben. Seine Gebeine wurden in der Nikolaikirche zu Calbe beigesetzt.

Kuno (W. III, S.106/107, 1588–1638): „Kuno, vierter Sohn Gebhards XXII., war im Jahre 1588 zu Friedeburg geboren. Im sechzehnten Jahre seines Alters, 1604, bezog er mit seinem Bruder Gebhard die Universität zu Wittenberg und studierte daselbst vier Jahre lang mit großem Fleiß, insbesondere die Rechte und die Philosophie. Im Jahre 1608 trat er unter Leitung eines Hofmeisters eine Reise nach Italien an, von welcher er im Jahre 1610 nach dem Tode seines Vaters zurückkam. Er nahm nun die ihm in der väterlichen Anordnung zugeteilten Güter Randau, dass neue Vorwerk zu Calbe mit seinen Zugehörungen, und den Hof zu Badingen in Besitz.

In demselben Jahren gelangte er nach dem Absterben seines Schwagers Johann von Arnim zum Besitze einer ihm von seinem Vater für 5.500 Taler erkauften MajorPräbende in dem hohen Domstift zu Magdeburg, wo er nun seinen Wohnsitz nahm. Neben dieser Domherrnstelle erhielt er in Folge noch das Thesaurariat bei dem Collegiat-Stifte zu St. Gangolph in Magdeburg.

Seine Neigung zum Reisen führte ihn noch drei Mal in fremde Länder, und bei einer jeden dieser Reisen, welche in den Jahren 1614, 1622 und 1630 unternommen wurden, besuchte er Italien, für welches Land er eine besondere Vorliebe hatte. Im Jahre 1624 wurde er in die fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen, welche die Ausbildung der deutschen Sprache und die Erhaltung ihrer Reinheit zum Zwecke hatte. Er bekam hier den Namen des Reifenden, zum Sinnbild die Mispeln, und den Sinnspruch: Mit Zeit und Stroh; nach dem italienischen Sprichworte: Col tempo e colla paglia si maturano le nespole.

In den Jahren 1619 und 1625 besuchte er als Abgeordneter des Administrators die niedersächsischen Kreistage zu Braunschweig. Als in dem letztgedachten Jahre am 8. Dezember das Domkapitel zu Magdeburg den Herzog August von Sachen zum Koadjutor des Administrators erwählt hatte, wurde er nebst dem Domherren Heinrich von Tresckow nach Dresden gesandt, um die Wahl dem Herzog, und seinem Vater, dem Kurfürsten, bekannt zu machen. Im Januar 1628 erklärte das Domkapitel den Markgrafen Christian Wilhelm der Administration des Erzstifts für verlustig, und postulierte den bisherigen Koadjutor zum Administrator, den damals schon bekannten, wenngleich noch nicht öffentlich erklärten Absichten des Kaisers, der das Erzbistum seinem zweiten Prinzen, Leopold Wilhelm, zugedacht hatte, zuwider. Dessen ungeachtet wurde eine Gesandtschaft nach Wien geschickt, um die kaiserliche Bestätigung der geschehenen Postulation auszuwirken, und diese bestand aus dem Domherrn Kuno von Alvensleben, und dem Kanzler der erzstiftischen Regierung, Doktor Johann Timäus. Nach seiner Rückkehr von Wien begab sich Kuno nach Wittenberg, wo er bis ins Jahr 1637 blieb, den größten Teil dieser Zeit hindurch aber die Einkünfte von seiner Domherrenstelle entbehren musste, da von der militärischen kaiserlichen Regierung die sämtlichen Domherren-Stellen mit katholischen Personen besetzt wurden.

Bei der Zerstörung der Stadt Magdeburg im Jahre 1631 wurden die in Kunos Curie befindlichen Mobilien nebst einer ansehnlichen Büchersammlung ein Raub der Flammen. Auch verwüsteten die feindlichen Truppen damals sein Gut Randau, und legten das von ihm vor kurzen erst erbaute Wohnhaus daselbst nebst der Kirche, der Pfarrwohnung und dem ganzem Dorfe, mit alleiniger Ausnahme der Schule, in Asche.

Bei dem Zusammenflusse dieser widrigen Ereignisse konnte es nicht ausbleiben, dass Kunos Güter mit Schulden beschwert wurden, und daher geriet sein Anteil an dem Hause Calbe im Jahre 1632 in die Hände seines vornehmsten Gläubigers, des Domdechanten zu Magdeburg, Rudolf von Bünau. Im Jahre 1632 kam Kuno nach dem Tode seiner beiden jüngsten Brüder mit zu der Lehnsfolge von NeuGattersleben, 1634, nach dem Absterben seines ältesten Bruders erhielt er das Seniorat der Schwarzen Linie seines Geschlechtes.

Die lange zerstreut gewesenen evangelischen Domherren zu Magdeburg kamen endlich im Jahre 1637 in ihre Residenz zurück, und eben um diese Zeit wurde Kuno nach dem Absterben Christophs von Görne, Senior des Domkapitels. In dieser Eigenschaft (und da der Dechant Christoph von Hünicke Alters halber abwesend war), führte er auf dem im Februar 1638 zu Calbe an der Saale gehaltenen Landtage das Direktorium. Der Landtag beschloss ein Fest bei welchem die seit langer Frist zum ersten Mal versammelten Stände die vergangenen trüben Zeiten zu vergessen suchten, und auf Hoffnung einer besseren Zukunft, einander lebhaft zutranken. Dem Senior Kuno bekam die Abweichung von seiner gewohnten Lebensweise so übel, dass er in eine Krankheit fiel, und wenige Tage darauf, am 13. März auf dem Schlosse zu Calbe im 50. Jahre seines Alters starb. Sein Leichnam wurde seiner Anordnung gemäß, nach Wittenberg überführt, und am 7. Mai in der dortigen Schlosskirche beerdigt. Sein mit 16 Wappen verzierter Grabstein ist jetzt außen am Chor der Schlosskirche in Wittenberg angebracht.
Grabstein des Domherrn Kuno v. Alvensleben (1588-1638)
an der Schlosskirche zu Wittenberg
Da Kuno sich nicht vermählt hatte, kinderlos starb, fielen seine Lehnsgüter seinen Brudersöhnen zu. (Wohlbrück III, S.107–110).

Der unglückliche Elias II. (1592–1654), mit dem der durch Albrecht VII. Ende des 15. Jahrhunderts begründete Stamm ausstarb, blieb als Inhaber der den Asseburgs verpfändeten Anteile an Calbe auf die Geschichte der Burg ohne Einfluss. Auf der Burg Calbe geboren, wurde er dort und in Berge durch Dr. Heinrich Jordan, den nachmaligen erzherzoglich Österreichischen Kanzler der Regierung zu Halberstadt, mit seinen Brüdern zusammen erzogen, bezog 1607 die Universität Jena und machte seine Kavaliersreise durch die Niederlande und Frankreich. Er erbte Hauptanteile von Calbe, Rogätz und Erxleben, mit Berge, Vienau, Schenkenhorst, Süpplingen und anderen Gütern, war also einer der reicheren Alvensleben: Doch die unsinnige Wirtschaft seiner Mutter und Vormünderin, Sophia v. Klencke, brachte ihn um alles. Von den Verpfändungen in Calbe und Rogätz war bereits die Rede.

Elias blieb unvermählt und führte ein heimatloses Wanderleben. Von 1613 ab verbrachte er viele Jahre bei seinem Vetter Andreas II. zu Neugatterseben, der 1632 starb, und danach bei dessen Bruder Ludolf XV. in Gardelegen. „Als auch dieser gestorben war, zog er im Jahre 1635 auf das Haus Isenschnibbe zu seinem Vetter Gebhard Werner (Weiße Linie), wo er nach dessen Tode mit Valentin Joachims, und hernach mit dessen Sohne Vergünstigung blieb“. Die interessanten Briefe, die Elias von dort während der Kriegswirren an Valentin Joachim I. nach Erxleben schrieb, wurden um 1900 veröffentlicht"1" . Um den Wiederaufbau von Rogätz hat er sich verdient gemacht. Nach einem Leben, das viel versprach und wenig erfüllte, starb er am 31. März 1654 auf der Burg Isenschnibbe. Zwei Jahre später wurde er mit feierlichem Leichenbegängnis zu Calbe beigesetzt.

Joachim Werner I. (1591–1639), in Erxleben geboren, wurde Stammvater des Hauses Calbe-Roda. Aus seiner Schulzeit in Stendal hat sich ein „Progymnasma“ erhalten, das, 1606 in Helmstedt gedruckt, „de stadiis pietatis et literarum ardenter et serio ao diligenter tractandis“ betitelt ist. Er studierte seit 1606 in Wittenberg und Jena, hielt sich nach dem Tode seines Vaters, des frommen Ludolf, in Zichtau auf, bezog 1611 die Universität Straßburg und 1612 die zu Genf – schöpfte also aus den Quellen des Luthertums und des Calvinismus.

1613 kehrte er zurück, um mit seinem Vetter, Gebhard XXIV. aus Hundisburg, die bereits erwähnte Reise durch Frankreich, England, die Niederlande, Böhmen, Mähren, Österreich und Ungarn anzutreten, die erst 1616 mit der Heimkehr nach Zichtau ein Ende fand. Beide reisten in Begleitung eines Hofmeisters, Johann Wissmann aus Riga, der von Ludolf XIII. mit Klugheit auserwählt, Joachim Werners Studien schon seit Wittenberg geleitet hatte.

Wissmann erhielt 1628 auf Verwendung seiner beiden jungen Herren die durch das Erlöschen der Familie v. Halvensleben, jener illegitimen Nachkommen Bischof Bussos II. v. Havelberg, erledigten Afterlehen zu Alvensleben, Molitz und Hundisburg, und starb 1667 als Bibliothekar der Alvenslebenschen Familienbibliothek zu Stendal. Seine Nachkommen, später geadelt, haben diese Güter lange von den Alvensleben zu Afterlehen getragen.

Nach seiner Rückkehr 1616 vermählte sich Joachim Werner I. mit Elisabeth Lucia, Tochter Burchards v. Saldern auf Wilsnack und Plattenburg und der Anna v. Klitzing, 17 Jahre bevor sein Reisekamerad, Gebhard XXIV., eine Tochter aus dem gleichen Hause freite. Joachim Werner I., der zunächst mit 38.000 Talern und dem väterlichen Haus zu Magdeburg, jedoch ohne Lehnsbesitz, abgefunden war, hielt sich zunächst bei den Saldern in Wilsnack auf und erwarb in der Prignitz Pfandbesitzungen, unbekannt wo. Seine Abfindung wirft ein Licht auf die damals in einzelnen Zweigen der Calbeschen Burgherrschaft angehäuften Kapitalien.

Vom Tode seines Bruders Levin Ludolf, der im September 1626 in Zichtau unvermählt an der Pest starb, ab besaß Joachim Werner den Anteil des Joachimschen Astes an Calbe gemeinsam mit dem jüngsten Bruder, Busse XIII., der Zichtau allein geerbt und dort seinen Hauptsitz hatte. So lagen die Dinge zur Zeit der Schleifung der Burg.

Levin Ludolf I. (1598–1626) teilte die wissenschaftlichen Neigungen seiner Brüder, auch ihm wurde durch Fürsorge des gelehrten Vaters eine vorzügliche Ausbildung zuteil. Er studierte in Wittenberg, Jena, Köln und Heidelberg 1613–1620, also schon in den ersten Kriegsjahren, und trat, unbekümmert um das dunkel heraufziehende Schicksal, dem Beispiel des ältesten Bruders folgend, mit dem jüngsten 1620 eine Rundreise durch Europa an, in deren Verlauf an der Akademie der Reformierten zu Sedan und in Orléans weiter studiert wurde. Den Winter 1622–23 verbrachten sie in der Heimat, um sogleich wieder aufzubrechen und erst 1625 endgültig zurückzukehren, ein Jahr vor Levin Ludolfs Tod. So sorglos blickte man in die Zukunft, und die Einkünfte flossen noch reichlich genug, die für ein standesgemäße Auftreten an den damaligen Weltzentren erforderlich waren. Bis 1626 standen die Güter der drei Brüder unter vormundschaftlicher Verwaltung. Ein einziges Mal sehen wir den Jungen Levin Ludolf in öffentlicher Mission, im Gefolge des kurbrandenburgischen Gesandten Adam zu Putlitz 1619 zur Wahl und Krönung Kaiser Ferdinands II. zu Frankfurt am Main.

Von Joachim Werners fernerem Schicksal wissen wir nur noch wenig. Er erwarb 1635, in Zeiten größter Drangsal, für 5000 Taler die „Wustrowschen Lehnsstücke“, die aus dem Dorf Darsekau bei Salzwedel mit Ober- und Untergericht, sowie Hebungen und Gerechtigkeiten in den Dörfern Seeben, Bosese, Groß Grabenstedt, Ritze, Zierau, Kerkau, Jeggeleben, Listen, Callehn und Velgau bestanden, in denen das Haus Calbe schon begründet war, alle zwischen Salzwedel und Osterburg gelegen. Das Schloss Wustrow an der Jeetze, zu dem diese Lehnstücke, die bis 1800 bei den Alvensleben blieben, gehört hatten, war von den Wustrows an die Münchhausen, und schließlich an das Haus Braunschweig-Lüneburg übergegangen. Konsistorialpräsident Dr. Peter Fritz war der Verkäufer der Lehnstücke, die teils von Brandenburg, teils von Mecklenburg zu Lehen gingen.

Wenig später verließ Joachim Werner mit den Seinen Calbe, um den neuen drohenden Kriegsgefahren auszuweichen und blieb bis 1638 in Lübeck, wo die Hochzeit der ältesten Tochter, Elisabeth Catherina, gefeiert wurde. Kurz nach der Rückkehr sah er sich gezwungen, in den festen Mauern Gardelegens Schutz zu suchen, wo er am 5. Januar 1639 mit 48 Jahren starb. Im Ausschuss der Märkischen Landstände hat er nur kurz gewirkt. Erst nach 8 Jahren, 1646, konnte die feierliche Beisetzung in der Kirche zu Calbe stattfinden, da „das Ungestüm der Gläubiger nicht eher zuließ, die Kosten des Leichenbegängnisses aufzubringen“, die trotz dieser Finanzlage die vergleichsweise hohe Summe von 608 Talern betrugen.

Nach Rückkehr in die Altmark 1638 hatte Joachim Werner, dessen erste Gemahlin 1631 gestorben und beigesetzt war, in zweiter Ehe Ursula Sophia v. d. Schulenburg geheiratet, einzige Tochter Levin Ludolfs auf Beetzendorf und Apenburg und der Maria v. Klitzing. Unter den zehn Kindern waren sechs Töchter. Elisabeth Catharina (1617–1639), die älteste, vermählt sich 1638 mit Henning v. Griestow–Schlechtemühl, Komtur des Johanniter-Ordens zu Nemrow, Mecklenburgischem Geheimen Rat, Pfandbesitzer des Amtes Barth in Pommern, und starb schon 1639 zu Calbe. Anna Agnes (1618–1661) heiratete 1653 Albrecht Volrat v. Rauchhaupt, Hessen–Casselschen Obersten auf Landin. Maria Dorothea (1630–1697), deren Verlobter, Achaz v. Quitzow auf Kleetzke, Rühstädt und Eldenburg, kurz vor der anberaumten Hochzeit starb, heiratete zehn Jahre später, 1663, Ludwig v. Görne, Brandenburgischen Oberstwachmeister auf Kützkow, Banitz und Tiekow. Sie starb kinderlos als Witwe bei ihren Verwandten Winterfeldt in Kehrberg (Prignitz), wo sich ihr bereits 1683 angefertigtes Grabdenkmal in der dortigen Kirche befindet.
Grabdenkmal der Maria Dorothea v. Görne,
geb. v. Alvensleben (1630-1697)
in der Kirche in Kehrberg (Prignitz)
Ursula Sophia (1638–1675), das einzige Kind zweiter Ehe, wurde 1662 die Gattin des Sebastian Christian Edlen v. Plotho auf Grabow im Lande Jerichow.

Der zweite Sohn, Joachim Werner II. (1622–1679), erwarb die der Familie seiner Gemahlin gehörenden ansehnlichen Güter Kloster Roda und Blankenheim bei Sangerhausen.

Von Busso XIII. (1600–1654) wird im Kapitel „Zichtau“ ausführlich die Rede sein. Sein Wohnsitz seit 1625 war Zichtau, das er der Kriegsgefahren wegen verließ, um sich nach Stendal zurückzuziehen.

Zichtau wurde unterdes verwüstet und durch jene Pest, der Levin Ludolf I. zum Opfer fiel, der Einwohner beraubt. Als es wieder ruhig ward, jedenfalls nach Schleifung der Calbeschen Burg, bezog er das von seinem Bruder Joachim Werner bewohnte Vorwerk zu Calbe und kehrte erst, nachdem Zichtau wieder instand gesetzt worden war, für den Rest seines Lebens dorthin zurück. Soweit seine Beziehung zu Calbe.

Busse war der bedeutendste unter den drei Söhnen des frommen Ludolf, Gelehrter und Schriftsteller von ausgebreiteten Kenntnissen, Mitglied des Ausschusses der Märkischen Ritterschaft. Der Große Kurfürst schickte ihn 1643 zu Verhandlungen mit dem schwedischen Kanzler Oxenstjerna nach Stettin. Vermählt war Busso XIII. mit Helena v. Veltheim a. d. H. Harbke–Ostrau.

In seiner Jugend hatte Busso mit Levin Ludolf die Universitäten Wittenberg, Jena, Köln und Heidelberg absolviert und an Kaiserwahl und Krönung 1619 teilgenommen. Die Beschreibung der gemeinsamen Reisen von 1622–1625 hat er selbst verfasst. In Gedanken an die außerordentlichen Schwierigkeiten und Kosten, die solche Reisen damals breiteten, und der Seltenheit, mit der sie, selbst als Kavalierstouren, in diesem Umfang unternommen wurden, sei hier Wohlbrücks Auszug der Leichenpredigt wiedergegeben: „Die Brüder gingen durch Elsaß und Lothringen nach Sédan, wo die Reformierten damals eine berühmte Akademie hatten, dann nach Orléans, wo sich eine berühmte, bloß den Rechtswissenschaften gewidmete hohe Schule befand. Diesen Ort verließen sie im März 1621, um nach einer Reise durch Piemont, die Schweiz und Burgund dahin wieder zurückzukommen. Im Monat Julius bis gegen das Ende des Jahres hielten sie sich wieder in Orléans auf. Dann begaben sie sich nach Paris, besuchten die Picardie, Artois, Flandern und Brabant und kehrten nach Paris zurück. Im März 1622 reisten sie von dort ab und gingen über Rouen nach Dieppe, von wo sie nach Dover übersetzten. Nachdem sie sich in England bis in den Monat Julius aufgehalten hatten, kehrten sie durch Holland, Seeland, Ostfriesland und Oldenburg nach Hause zurück.“

„Ihre Neigung zum Reisen scheint durch das Reisen selbst gewachsen zu sein. Im Jahre 1623 begaben sie sich abermals nach Frankreich und hielten sich vorzüglich in Paris auf. Mit dem Anfang des folgenden Jahres gingen sie über Lyon, durch Savoyen, Piemont, Mailand und Mantua nach Venedig, wo sie eine längere Zeit verweilten. Nachdem sie über zwei Monate in Rom zugebracht hatten, reisten sie über Neapolis nach Sizilien, und von da nach Malta (dem Hauptsitz des Johanniterordens). Den Winter brachten sie in Rom zu und erst im Jahre 1625 kamen sie zum zweiten Male in ihre Heimat zurück“.

Die Brüder hatten also vor der Katastrophe in Deutschland alle Kulturländer Europas in einer Zeit hoher Blüte gesehen, Fürstenhöfe und Gelehrtenschulen besucht, unter Wissmanns trefflicher Führung Staatsformen studiert und die hohe Schule des Lebens und der Umgangsformen kennen gelernt.

So stand es zu Beginn und während des Großen Krieges um die Burgherren zu Calbe. Kein Zweifel, dass die Lehnsträger an der Hauptkatastrophe, die Calbe während des dreißigjährigen Krieges betroffen hat – der Schleifung der Burg auf kurfürstlichen Befehl – Mitschuld tragen. Denn wenn die Burg mit ihren Außenwerken auch zu groß war, um ohne landesherrlichen Truppen gegen starke Kriegsmacht verteidigt zu werden, so blieb die Verantwortung doch Aufgabe der Burgherren. Da diese sich fast ohne Ausnahme um den Schutz ihrer auswärtigen Wohnsitze zu kümmern hatten, war die Verteidigung von Calbe unter einem Burghauptmann nur ungenügend organisiert. Die Burgherren selbst suchten schützende Städte auf, Braunschweig, Lübeck, Stendal, Gardelegen, Haldensleben, anstatt dass einer von ihnen sich gefunden hätte, den Oberbefehl selbst zu übernehmen.


mit freundlicher Genehmigung, entnommen der Chronik "Die Alvensleben in Kalbe - 1324-1945" von Dr. Udo v. Alvensleben-Wittenmoor verfasst 1920-1960 bearbeitet von Prof. Dr. Reimar v. Alvensleben

"1"
Ludolf Müller: Briefe aus den Jahren 1638-1648 von Elias v. Alvensleben zu Isenschnibbe an Valentin Joachim v. Alvensleben auf Erxleben. 30. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für Vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel. Salzwedel 1903.

   
  
 

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